Totensonntag


Oder auch der „Gedenktag der Entschlafenen“ oder „Ewigkeitssonntag“ ist einer der wenigen „Feiertage“ die es durch ihren Namen dem Kulturtreibenden leicht machen zu erkennen, was da gefeiert wird.

„Mmh! Es ist ein Sonntag und es geht um Tote. Alles klar!“ Der Lebende gedenkt der Toten. Warum auch immer. Es scheint in unserem Werte- und Normensystem scheinbar notwendig zu sein, einen Feiertag erfinden zu müssen, an dem man sich erinnert, dass da ja mal noch wer mit am Tisch saß. Überspitzt könnte man es auch ein residuales Rentnerklassentreffen nennen. Traditioneller Treffort: Gottesacker.

Ich stelle mir vor, wie eine Schar faltiger und rheumabedingt stöhnender Greise versuchen, den Pflegern heimlich zu entwischen, nur um in den nahegelegenen Friedhof einzumarschieren und an Kerzen zu zündeln. Aus dem leisen Wimmern dieser Zombieschar könnte man mit viel Phantasie immer wieder ein: „Warte nur noch ein wenig, ich bin gleich da!“ oder „Eigentlich könnte ich gleich hier bleiben, dann spar ich mir das Senioren-Bus-Ticket zurück.“ vernehmen.

Es scheint mehr ein Natur- denn ein Kulturereignis zu sein, wenn alte Menschen wie bei einem Bettenkauf durch die bereits dunklen Gänge des Friedhofs watscheln und sich ihr finales Plätzchen aussuchen und (gemäß des "Falles" dass die ersten vereisenden Kälteabende einhergingen) Probe liegen.

Ich spreche explizit nicht von den jugendlichen Mitbürgern dieses kulturträchtigen Fleckchens Erde, da diese (wenn überhaupt) nur in Ministranten-Klamotten allerhöchstens durch das Stibitzen größerer Geldscheine aus dem Klingelbeutel auffallen würden. Aber die Deutschen behandeln diesen Sonntag wie einen jeden anderen Sonntag, der leider nicht verkaufsoffen ist: Frei! Daher wird dieser Tag bei U30ern in der Regel zum Auskurieren der samstäglichen Katerzucht im Bett verbracht.


Nix mehr verpassen

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